Lesung
La Cumpaneia
Teehaus Große Wallanlagen, Holstenwall 30, 20355 Hamburg
Displaced Persons: Von der überlebenswichtigen Kraft der Kultur
Ein Abend zur Erinnerung an die Displaced Persons. Displaced: das bedeutet so viel wie „verstellt“, „am falschen Platz“. Damit waren bei Kriegsende schätzungsweise 10-12 Millionen Menschen gemeint: vor allem nichtdeutsche Überlebende der Konzentrationslager, ehemalige Zwangs- und Zivilarbeiter*innen, Flüchtlinge, deutsche Verfolgte des NS-Regimes. Viele hatten den nationalsozialistischen Terror nur knapp überlebt, waren krank und bedürftig. Untergebracht wurden sie vorübergehend in DP- Camps der drei westlichen Besatzungszonen, aber auch in anderen Ländern wie Österreich, Italien oder Norwegen. Die DPs sollten repatriiert werden, in ihre Heimatländer zurückkehren - oder emigrieren, in einem anderen Land neu beginnen. Ein jahrelanger, oft entbehrungsreicher und gewaltvoller Prozess – manche Lager existierten bis Ende der 1950er Jahre. Hingegen gab es keine in der sowjetischen Besatzungszone, da die Regierung beschlossen hatte, alle Bürger*innen bei Kriegsende ausnahmslos zu repatriieren, also unabhängig von individuellen Wünschen und zwangsweise.
Wir fragen: welche Rolle spielte Kultur, Kunst und Kabarett für widerständiges Überleben und Neubeginn? Welche Traditionen wurden gepflegt, wieder belebt - oder abgewehrt?
Z.B. Hamburg: Britische Militäreinheiten beschlossen, im geräumten KZ Neuengamme Baracken zur Unterbringung von DPs herzurichten – insbesondere für befreite sowjetische Zwangsarbeiter*innen. In einem anderen Teil des Lagers wurden deutsche Kriegsgefangene untergebracht.
Z.B. DP-Camp Bergen-Belsen: in der Britischen Zone in der Nähe des Konzentrationslagers errichtet. Ab 1946 lebten hier überwiegend jüdische DPs aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern. Bis zur Auflösung des DP-Camps im Sommer 1950 entfaltete sich ein vielfältiges Kulturleben. Viele der Überlebenden knüpften an altvertraute jüdische Traditionen an - aus Russland, der Ukraine – entwickelten neue Formen. Oft in kritischer Abgrenzung zur „klassischen deutschen“ Musik - die aber auch durch Künstler*innen wie Anita Lasker, Cellistin im Frauenorchester des KZ-Ausschwitz-Birkenau, erklang. Die geschwächte Lasker musste nach der Befreiung das Cello-Spiel wieder erlernen – und war im DP-Camp auch Mitglied des „Katset“-Theaters. Oder die Tänzerin und Choreografin Dolly Kotz, die hier Solo- und Gruppentänze entwickelte, später in Israel in der Jugendbildung arbeitete und ihre Memoiren „Dancing behind the Wire“ veröffentlichte.
Multimedial erinnern wir an diesen internationalen kulturellen Widerstand.
Wort: Wiebke Johannsen; Musik: Melanie Mehring; Bild und Wort: Dr. phil. Birgit Kiupel
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Literatur:
Sophie Fetthauer: Musik und Theater im DP-Camp Bergen-Belsen. Zum Kulturleben der jüdischen Displaced Persons 1945-1950, Neumünster 2012
Dolly Kotz-Friedler: Das Theater hinter dem Stacheldraht. Berlin 1993.
Anita Lasker-Wallfisch: Ihr sollt die Wahrheit erben-die Cellistin von Auschwitz. Erinnerungen, Hamburg 2000.



Fr 25.04.25
19:30 Uhr
Teehaus Große Wallanlagen
Holstenwall 30
20355 Hamburg